Die französische Kultur ist in Europa sehr präsent. Viele für Europa prägende Ereignisse sind in Frankreich über die Bühne gegangen. Doch auch die Sprache, einst die Sprache vieler Höfe sowie die Sprache der Diplomatie und der Liebe, aber auch die Küche haben Einkehr in ganz Europa gefunden. Ein Stückchen Frankreich schlummert in vielen Herzen.

Doch wie verhält es sich, wenn man geschäftlich in Frankreich tätig ist – oder besser gesagt: Wie verhält man sich, wenn man vor dem französischen Team eine Präsentation hält?

Argumentation

Herr Steinbach arbeitet seit Kurzem in Lille. Heute hält er mit seinem Kollegen Monsieur Benjelloun eine Präsentation vor seinen französischen KollegInnen. Nach der Präsentation stellt er fest, dass hier eine andere Musik gespielt wird.

Während Herr Steinbach bei seiner Präsentation auf fundierte, wirtschaftlich überzeugende Argumente geachtet hat, hat Monsieur Benjelloun immer wieder den innovativen Aspekt seiner Ideen hervorgekehrt und starken emotionalen Bezug auf Frankreich genommen. Während der österreichische Kollege mit präzisen Fakten auf gestellte Fragen reagiert hat, hatte sein französischer Kollege Mut zur Lücke.

Hintergründe: Klima, Geschichte, Schulsystem

Es gibt verschiedene Erklärungsmöglichkeiten, warum Personen aus unterschiedlichen Kulturräumen von unterschiedlichen Argumentationsweisen Gebrauch machen.

Eine davon ist das Klima: Während in Österreich kaltes, mitteleuropäisches Klima herrscht, erfreut sich Frankreich eines generell wärmeren Klimas, was ein gewisses Laissez-faire, ein sorgloseres Leben (der Spruch Leben wie Gott in Frankreich kommt nicht von ungefähr), ermöglicht.

Auch die Geschichte tut ihren Teil dazu: Während Frankreich auf große Persönlichkeiten in der Politik, aber auch in der Kunst, Literatur etc. zurückblickt und über eine positive Selbsteinschätzung verfügt, verfügen Deutschsprachige aufgrund der politischen Ereignisse des letzten Jahrhunderts über weniger Selbstachtung. Dies erklärt Unsicherheit im Jetzt und den Versuch, sich gegenüber der eher negativ wahrgenommenen Zukunft abzusichern. Die Risikobereitschaft ist daher geringer.

Auch das Schulsystem darf nicht außer Acht gelassen werden: Während man im deutschsprachigen Raum darauf achtet, dass SchülerInnen mit Struktur und nach Zeitplan arbeiten, legt man in Frankreich mehr Wert darauf, die Grundstruktur eines Problems zu erörtern, zu analysieren und Alternativen zu finden. Probleme werden eher als Herausforderung wahrgenommen, um innovative Lösungen zu finden. Das Unmögliche möchte möglich gemacht werden.

Anderer Teller, andere Tonart

Das Beispiel von Herrn Steinbach zeigt, dass interkulturelle Kompetenz (nicht nur) in der Geschäftswelt von großer Bedeutung ist. Es heißt über den Tellerrand zu schauen, die andere Kultur versuchen zu verstehen und die eigene „Kulturbrille“ zu hinterfragen. Fauxpas können nur dann umgangen werden, wenn man bereit ist, den Blick vom eigenen Teller zu heben und den Teller des Gegenübers vorurteilsfrei zu betrachten.

 

Sie möchte Ihr Repertoire in Sachen interkultureller Kompetenz im Umgang mit französischsprachigen GeschäftspartnerInnen oder KollegInnen erweitern? Gerne stehe ich mit Rat und Tat zu Seite. Treten Sie mit mir in Kontakt, ich freue mich darauf, von Ihnen zu hören.

 

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